Er blickt in Richtung der Innenstadt. Würdevoll glänzt sein Kopf in der hinter Wolken hervorlugenden abendlichen Wintersonne. Vom Bahnsteig des Praterstern-Bahnhofs aus wirkt er klein. Nur das oberste Stück der hohen Säule unter seinen Füßen ist zu sehen. Die Möwe auf seinem Kopf stört den Helden nicht, der hier seit 1886 steht. Das maritime Flügeltier passt zu den Träumen, die der Held verkörpert. Meeresträume des versunkenen mitteleuropäischen Reichs, die der Vizeadmiral mit gut gerüsteter Flotte realisieren sollte. Heute bewacht Tegetthoff die wechselnden Baustellen am Praterstern. Mitten in der Hauptstadt des Binnenlandes.
Unten auf der Erde erzählen zwei „Stolpersteine“ am Fuß des Denkmals eine spätere Geschichte. Von „Nazis und deren Mitläufern“ wurden Jüdinnen und Juden im März 1938 gezwungen, das Pflaster zu reinigen, ist hier zu lesen. Der Leopoldstädter Tempel, im November jenes Jahres niedergebrannt, liegt nur wenige Gehminuten von hier.
Die Tauben müssen sich mit Plätzen in den unteren Etagen des zwanzig Meter hohen Denkmals begnügen. Der Kopf des ehemaligen Kommandanten der österreichisch-ungarischen Kriegsmarine ist den Möwen vorbehalten. Soeben fliegt eine weg und macht der nächsten Platz. Sie blicken, als ließen auch sie ihre Träume hinauf- und hinübersteigen zur Innenstadt. Die weißen Streifen, die Tegetthoffs Haupt zieren, zeugen davon, dass die weitgereisten Flieger hier anderes loswerden als Träume.
(Wien/sl)