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Geisterstadt am Wasser

Die Badeplattformen liegen verwaist am Ufer. Die Duschen sprudeln nicht mehr. Die kleinen schiefen Betontischchen stehen verlassen in der Wiese. Statt Kindern hüpfen Krähen am Strand herum. Das Rauschen der Blätter im Herbstwind hat das Plantschen und Kreischen abgelöst. Ein paar Fahnen hängen noch – dort drüben am Container, wo man im Sommer die extragroßen Standup-Paddelboards ausleihen kann.
Die Bojen sind gestrandet. Wie Skulpturen, die jemand aufzustellen vergessen hat, liegen sie funktionslos im Gras. Im Hintergrund die überdimensionalen Badehäuser, die nach dem Krieg auf diese Insel betoniert wurden. Die Gebäude mit den Umkleiden, Duschen und Kabanen wirken sogar dann leer, wenn an einem heißen Julitag hunderte Menschen ein und aus gehen. Jetzt wartet diese Geisterstadt am Wasser auf den nächsten Sommer – so wie alles hier.
In der Mitte der durch eine Brücke mit Wien verbundenen Insel ragt der Betonturm in die Höhe. Eine Stiege schraubt sich bis zu der kleinen Plattform hinauf, wo Uhren und Lautsprecher angebracht sind. Durch letztere lädt während der Badesaison eine schnarrende Stimme zum Kinderprogramm und bittet Falschparker zum Eingang.
Zu beiden Seiten der Insel kennzeichnet ein blauer Werbeballon die Strände des Gänsehäufels. Die Sonne glitzert auf den Wellen, die heute viel zu hoch sind für diesen Teich namens Alte Donau. Am Strand ein verlassener blauer Plastiksessel, ein Stück weiter ein eingerolltes Sonnensegel. Auch hier steht eine Uhr. Sie ist bei 10:20 stehengeblieben.
(Wien/sl)

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